Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bei einer Kundgebung in der Stadt Solingen am 7. März 2023 haben sich über 400 Beschäftigte aus dem kommunalen öffentlichen Dienst versammelt, um für 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro höhere Einkommen zu demonstrieren. Geyer stellte dazu klar: „Diese Forderung ist absolut berechtigt. Die Inflation ist weiterhin hoch und es ist kein Ende in Sicht. Gerade der Staat als Arbeitgeber darf seine Beschäftigten in dieser Krise nicht alleine lassen. Die Beschäftigten in den Kommunen, die sich um die alltäglichen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kümmern, haben Wertschätzung verdient. Stattdessen blockieren Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die Präsidentin der kommunalen Arbeitgeber Karin Welge die Verhandlungen. Das ist das Gegenteil von Wertschätzung, das ist eine Respektlosigkeit.
Geyer warnte außerdem vor den langfristigen Folgen dieser Blockadepolitik: „Bereits heute fehlen uns über 360.000 Menschen im öffentlichen Dienst. Stellen sind immer schwerer zu besetzen. In dieser Situation ist die Blockadehaltung der Arbeitgeber doppelt verheerend: Einerseits für die Kolleginnen und Kollegen, die jeden Tag ihr Bestes geben. Andererseits für die dringend benötigten Nachwuchs- und Fachkräfte, die so ein Verhalten natürlich sehr genau registrieren. Wenn der öffentliche Dienst personell weiterhin ausblutet, wird die Daseinsfürsorge über kurz oder lang kollabieren – weil schlicht keine Menschen mehr da sind, die diese wichtige Arbeit machen wollen.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Frust sitzt tief. Die vbba Landesgruppe Nord zeigt „Flagge“. In Kiel gingen mehr als 1.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes gegen die Ignoranz der Arbeitgeber von Bund und Kommunen auf die Straße.
„Fünf Prozent auf 27 Monate sind kein Angebot, sondern ein schlechter Scherz“, machte dbb Vize Andreas Hemsing, Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft, seinem Unmut am 2. März 2023 in Kiel Luft und sprach damit den mehr als 1.000 Demonstrierenden auf dem Rathausplatz aus der Seele. „Wir werden der Arbeitgeberseite zeigen, was wir von solch einer Respektlosigkeit halten: gar nichts“, erklärte Hemsing und kündigte weitere Warnstreiks und Protestaktionen für den Fall an, dass Bund und Kommunen weiter kein „ernsthaft verhandelbares Angebot auf den Tisch legen“.
„Wir haben eigentlich alle Wichtigeres zu tun als diesen ewigen Tarif-Tanz mit den Arbeitgebenden aufzuführen – eigentlich sorgen wir gerne dafür, dass das Land funktioniert, sich die Menschen, die hier leben, sicher fühlen und auf einen verlässlichen Staatsdienst zählen können“, sagte Heiko Teggatz, dbb Vize und Vorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft (BPolG/DPolG) in Kiel. „Aber wer meint, er könnte uns mit einem Nicht-Angebot hinter die Fichte führen, hat sich schwer getäuscht. Uns gibt es nicht zum Nulltarif, also Schluss mit dem Verhandlungsboykott, her mit einem anständigen Angebot!“, forderte Teggatz.
Kai Tellkamp, Vorsitzender des dbb schleswig-holstein und komba Vize, unterstrich: „Aufgrund des dramatischen Personalmangels gehen die Kolleginnen und Kollegen seit Jahren auf der Felge, managen eine Krise nach der anderen oder auch gleichzeitig. Es ist ein Rätsel, wie die Arbeitgeber mit mickrigen Krumen, die sie uns hinwerfen, den öffentlichen Dienst fit für die Zukunft machen wollen, indem sie neues Personal gewinnen. Die Lösung lautet spürbar attraktive Einkommens- und Arbeitsbedingungen. Deswegen führt an einem deutlichen Einkommensplus kein Weg vorbei“, so Tellkamp.
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16.02.2023 |
Nr. 22/2023 |
Öffentlicher Dienst von Bund und Kommunen Einkommensrunde: Warnstreiks und Kundgebungen in Bayern |
Beschäftigte des öffentlichen Dienstes haben erneut Warnstreiks in Bayern durchgeführt. In mehreren Städten fanden zudem Kundgebungen statt. |
Am Morgen des 16. Februar 2023 nahmen 500 Beschäftigte überwiegend aus dem kommunalen Dienst an einem Protestmarsch durch Nürnberg teil, der mit einer Demonstration vor dem Rathaus endete. Am Vormittag zog zudem eine Demo mit 450 Teilnehmenden durch Ansbach. Volker Geyer, der dbb Tarifchef, war bei beiden Aktionen vor Ort und übte deutliche Kritik an der Arbeitgeberseite: „Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sorgen jeden Tag rund um die Uhr dafür, dass dieses Land funktioniert – trotz aller Krisen der vergangenen Jahre. Statt echter Wertschätzung gibt es von der Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Präsidentin der kommunalen Arbeitgeber Karin Welge bisher aber nur ein paar warme Worte. Dabei ist unsere Forderung nach 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro höheren Einkommen bereits seit Oktober bekannt. Diese Blockade der Verhandlungen muss ein Ende haben.“ Matthäus Fandrejewski, Vorsitzender der dbb jugend, wies bei den Kundgebungen auf die schwierige Nachwuchsgewinnung hin: „Der Fachkräftemangel ist schon heute überall spürbar. Und es wird noch dramatischer, denn der demografische Wandel ist eine Tatsache und der Wettbewerb mit der Privatwirtschaft um die besten Köpfe immer schärfer. Dabei fehlen dem Staat schon heute 360.000 Beschäftigte. In dieser Situation sollten Frau Faeser und Frau Welge den jungen Menschen ein Signal der Wertschätzung senden – statt sie mit ihrer Blockadehaltung einmal mehr vor den Kopf zu stoßen.“ In Neuburg/Donau bestreikten außerdem im Verband der Arbeitnehmer der Bundeswehr (VAB) organisierte Beschäftigte das Taktische Luftwaffengeschwader 74 ganztägig. Thomas Zeth, stellvertretender VAB Bundesvorsitzender und stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der dbb Bundestarifkommission, brachte den Unmut der Beschäftigten auf den Punkt: „Ständige Mehrarbeit, steigende Lebenshaltungskosten sowie langjährige Lohnzurückhaltung stehen auf dem Konto der Arbeitnehmer. Bei den Arbeitgebern wird der öffentliche Dienst trotzdem lediglich als Steinbruch für immer weitere Sparmaßnahmen angesehen.“ Dies schrecke potenzielle Bewerber für den Bereich der Zivilberufe bei der Bundeswehr ab, so dass sich die Arbeit zunehmend verdichte. Hier brauche es deutliche Signale am Verhandlungstisch. Sollten sich die Arbeitgeber dort weiterhin verweigern, warnte Zeth vor weiteren Streikaktionen. Hintergrund Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sind insgesamt über 2,5 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: Fast 1,6 Millionen Arbeitnehmende des Bundes und der Kommunen und weiterer Bereiche, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie Auszubildende (6.350 beim Bund, 56.300 bei den Kommunen), Praktikantinnen und Praktikanten sowie Studierende in ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen und auch knapp 190.000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte, Anwärterinnen und Anwärter (16.885 beim Bund) sowie über 500.000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger beim Bund, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll. Mittelbar hat die Einkommensrunde auch Auswirkungen für weitere Bereiche des öffentlichen Dienstes (Bspw. Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung). Weitere Verhandlungsrunden sind für den 22./23. Februar und den 27./28. März 2023 in Potsdam geplant. |
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Bund und Kommunen Einkommensrunde: Zeit der Sonntagsreden ist vorbei – jetzt ist Führung gefragt |
Vor Beginn der Verhandlungen in Potsdam hat der dbb seine Forderung bekräftigt und Führung angemahnt. |
„Der Bundeskanzler hat es doch perfekt formuliert: Die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes sind die Gestalter der Zeitenwende und gerade weil sie ihre Kraft in den Dienst der Allgemeinheit stellen, haben sie Anspruch auf eine faire und wettbewerbsfähige Bezahlung, vor allem in den unteren Tarif- und Besoldungsgruppen“, zitiert der dbb Chef aus Olaf Scholz‘ Rede beim dbb Gewerkschaftstag im November 2022. Ulrich Silberbach, dbb Bundesvorsitzender und Verhandlungsführer in Potsdam, hat die Arbeitgebenden von Bund und Kommunen deshalb aufgefordert, bereits in der ersten Gesprächsrunde in Potsdam ein konkretes und verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. „Genug der Lobhudeleien und Sonntagsreden! Die Beschäftigten wollen Taten sehen“, bekräftigte Silberbach. „Der Preisanstieg ist real, die Arbeitsverdichtung ist real, der Personalmangel ist real. Deshalb ist auch unsere Forderung nach 10,5 Prozent, mindestens jedoch 500 Euro, mehr Einkommen real und angemessen.“ Denn es gehe nicht mehr nur darum, Reallohnverluste zu vermeiden, so der dbb Chef weiter: „Angesichts der Nachwuchskrise und der Überalterung des öffentlichen Dienstes müssen wir dringend attraktiver und wettbewerbsfähiger auf dem Arbeitsmarkt werden. Das heißt, wir brauchen echte Einkommenszuwächse, und wenn man die Signale aus dem Arbeitgeberlager richtig deutet, brauchen wir wohl eine Richtungsentscheidung des Bundeskanzlers. Herr Scholz, im Namen der Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes bestelle ich hiermit bei Ihnen Führung.“ Hintergrund Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sind insgesamt über 2,5 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: Fast 1,6 Millionen Arbeitnehmende des Bundes und der Kommunen und weiterer Bereiche, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie Auszubildende (6.350 beim Bund, 56.300 bei den Kommunen), Praktikantinnen und Praktikanten sowie Studierende in ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen und auch knapp 190.000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte, Anwärterinnen und Anwärter (16.885 beim Bund) sowie über 500.000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger beim Bund, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll. Mittelbar hat die Einkommensrunde auch Auswirkungen für weitere Bereiche des öffentlichen Dienstes (Bspw. Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung). Weitere Verhandlungsrunden sind für den 22./23. Februar und den 27./28. März 2023 in Potsdam geplant. |
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